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Gemeinsam gestalten

... oder einsam verzweifeln?

Stefan Brackmann und Maren Zaidan, 13. April 2024 03:00 Uhr

Das verstehst du nicht!

In der zweiten Folge dieser Reihe geht es um ein Thema, was uns alle beruflich und privat weiterbringen oder hindern kann. Wir beschäftigen uns dieses Wochenende mit dem Thema gemeinsam gestalten. Korrekt formuliert geht es um Wissensmanagement.

Für diesen Artikel haben wir einen wirklich persönlichen Hintergrund und damit auch den Beweis, dass es geht und wie es gehen kann. Man könnte mit den folgenden Fragen beginnen: Was passiert, wenn ein Bankkaufmann auf jemanden mit psychologischem Hintergrund trifft? Was passiert, wenn diese beiden noch unterschiedlichen Geschlechtern und Generationen angehören? Es gibt theoretisch verschiedene Ausgänge. Wir haben es hinbekommen, davon zu profitieren und ohne Kopfschmerzen voneinander zu lernen oder gemeinsam etwas zu schaffen, was besser ist als das Ergebnis der Einzelpersonen. Aber dazu direkt und indirekt mehr.

In unserem Beispiel trifft also ein Zahlenmensch auf eine Menschenbeobachterin. Hier bekommt man bereits eine Vorahnung, wie ein Aufeinandertreffen dieser beiden Charaktere verlaufen könnte.

Jetzt können vier Dinge passieren.

  1. Jeder zieht sich in seine Ecke mit seinen Vorbehalten über den anderen zurück. Dann bleibt alles, wie es ist, jeder sitzt in seiner Ecke und schmollt vor sich hin.
  2. Person A geht auf Person B zu. Wenn es der Analytiker ist, kann das wohl eher schief laufen, vermutet man zu Recht.
  3. Person B geht auf Person A zu. Hier gehen wir einmal von dem sozial engagierterem aus. Die Wahrscheinlichkeit, etwas gemeinsam zu bewältigen, wird größer.
  4. Beide erkennen die Vorteile und Ideen des anderen (an) und versuchen, gemeinsam etwas zu gestalten. Hier ist die Entfaltungsmöglichkeit und auch die Erkenntnis für beide Beteiligten am größten.

Wer sich dieser Möglichkeiten bewusst wird, kommt (sofern die Einsichtsfähigkeit nicht getrübt ist) unweigerlich zu dem Schluss, dass nur die vierte Variante ein sinnvolles, ziel- und zukunftsfähiges Ergebnis liefern kann.

Dies erfordert - wie oben beschrieben - erst einmal die Erkenntnis, dass eine Zusammenarbeit für beide Seiten Vorteile bringt und bereichernd sein wird. Zudem ist eine Nutzung der Eigenschaften und Fähigkeiten beider nötig. D.h. dass beispielsweise die Person, der es leichter fällt, die Kommunikation zunächst anregt, aber gleichzeitig die Art und die sachliche, rationale Denkweise des anderen dabei anerkennt. Für die eher zahlenbasierte Seite kann es heißen, auf diese Kommunikation einzugehen und die eigenen Analysen manchmal als Vorlage und manchmal als Ausgleich zu eher emotionalen Idee vorzulegen.

Wir haben uns lange Zeit gelassen und sind schrittweise aufeinander zugegangen. Jetzt sind wir zum Beispiel in der Lage, diese Texte hier gemeinsam zu schreiben. Mal hat der eine einen größeren Anteil, mal der andere. Und immer sind wir auf das Ergebnis stolz. Wir lassen uns auch die Freiheit, dass jeder seine Gedanken individuell und allein zu einem Text formt. Der andere kontrolliert diesen nur noch und es kommen meistens wenige Anregungen, die aber den Inhalt selbst nicht in Frage stellen. Manchmal entsteht die Idee gemeinsam und einer schreibt zum Großteil, manchmal kommt die Idee nur von einem und geschrieben wird zusammen oder, wenn das der Kompetenz entspricht, sogar vom anderen allein.

Nicht immer hat jeder die gleiche Lust, etwas zu verfassen oder den Mut, das eigene Fachwissen oder die eigenen Erfahrungen in ein Thema des anderen einzubringen. Wir gehen damit mittlerweile sehr professionell um, lassen dem anderen seinen Freiraum und spornen uns gegenseitig an. Wir sprechen uns den Mut zu, auch Texte zu kritisieren oder gar ganze Absätze zu ändern oder zu löschen, in dem Wissen, dass es keine Abwertung, sondern eine positiv gedachte Verbesserung ist.

Hier soll nun der Teil kommen, der dieses kleine, uns eigene Beispiel überträgt auf das große Ganze. In einer Gesellschaft, die sich immer kleinteiliger aufstellt und andere Meinungen, andere Sicht- und Vorgehensweisen sofort mit Verachtung straft und verurteilt, ist es umso wichtiger und notwendiger, wieder aufeinander zuzugehen, sich auszutauschen und gemeinsame Ansatzpunkte zu suchen. Mit den richtigen Worten, die nicht anklagend und abwertend klingen, kann das gelingen. Abgesehen von Worten, ist das ab und zu vor Ort zu treffen und die Bereitschaft, zunächst davon auszugehen, dass ein verwirrendes Verhalten des anderen seine Gründe hat und keine Kriegserklärung ist wichtig. Durch Treffen kann man Mimik und Gestik wahrnehmen und durch die hoffnungsvolle Grundeinstellung kann man auch schwierige Situationen besprechen, ohne von vornherein (passiv-)aggressiv zu sein.

Warum dieser Text notwendig erscheint, soll in der nächsten Woche beleuchtet werden. Was im Kleinen bereits vielen Magenschmerzen bereitet, nämlich auf den anderen zuzugehen und gemeinsam etwas zu schaffen, stellt sich natürlich auf anderen, größeren Ebenen nicht anders dar.

Vielleicht kann sich der ein oder andere Leser selbst Gedanken machen, in welchen Bereichen eine Zusammenarbeit sinnvoll erscheint. Nächste Woche kommen unsere Ideen dazu.


Stefan Brackmann und Maren Zaidan
die Bundesvorsitzenden
DIE FÖDERALEN