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Idole

Vorbilder haben ihre Funktion, nur manchmal können sie zum Problem werden

Maren Zaidan, 14. August 2020 16:55 Uhr

Pauschalisierte Vorbilder

Vielleicht liegt es daran, dass ich in einer Zeit Teenager war als weltweit Ableger der Sendung American Idol auf jedem Fernsehsender liefen, doch mit dem Wort Idol verbinde ich bin heute sehr oft die erste Imaginäre Liebe zu Musikern, Schauspielern oder Sportlern. Auch einige dieser Idole haben eine größere Berechtigung als ihr gutes Aussehen, doch stellt sich die Frage ob 14-jährige Mädchen auch kreischend vor Stadien ausharren würden, wenn ihre Stars ein eher unterdurchschnittliches optisches Erscheinungsbild hätten. Zu den positiven Aspekten außer dem Aussehen zurück, diese Idole bewirken speziell bei Jugendlichen auch positives Verhalten. Teenager möchten ihren Schwärmen näher kommen oder ähnlicher sein und fangen plötzlich an mehr Fremdsprachen und Instrumente zu lernen, sich auf eine Sportart zu trainieren, ihren Stil zu finden oder ihren Charakter an dem der Idole zu messen. Nicht umsonst werden immer wieder Aufklärungskampagnen mit Teeny-Helden gemacht.

Viele Menschen fangen mit dem Eintritt in das richtige Erwachsenenleben an, die eher optischen Idole gegen Vorbilder zu tauschen, welche mit ihrem Handeln, Wissen oder Leistungen überzeugen. Manche der alten Vorbilder überzeugen dann auch noch, andere werden einem eher peinlich. Mit ca. 26 Jahren sagt man, dass die Prägung der Menschen durch die abgeschlossene Entwicklung des Gehirns abgeschlossen ist. Ziele und Vorbilder hat jeder natürlich in gewisser Form immer noch. Doch das genauso werden wie ist bei den meisten nun auch vorbei.

An der heutigen Welt wird oftmals kritisiert, dass es keine Notwendigkeit mehr gibt, erwachsen zu werden. Jegliches Verhalten würde in einem solchen Maß toleriert werden, dass jeder machen kann, was er möchte und kindliche oder jugendliche Verhaltensweisen und Stile einfach immer weitergeführt werden. Ich stehe dieser Aussage im Allgemeinen zwiegespalten gegenüber. Ich sehe es als Gewinn, dass wir heute offener gegenüber verschiedenen Lebensstilen geworden sind und mehr die Gründe für das Verhalten bestimmter Menschen versuchen zu sehen. Wenn es um Vorbilder geht, bin ich inzwischen jedoch etwas skeptisch geworden.

Als ich mein Abiturzeugnis erhalten habe, sagte eine Frau zu meinem Jahrgang, wir sollten alle nach Zielen streben, die uns viel zu hoch waren. Wenn Vorbilder im Erwachsenenleben diese Funktion erfüllen, sehe ich einen Sinn darin. Wenn die Menschen, die Vorbilder haben abwägen, zu welchem Zweck sie ihre Idole verehren und kritisch reflektieren, finde ich Vorbilder zu jeder Lebenszeit gut. Leider beobachtet man oft etwas anderes.

Menschen, die längst erwachsen sind und oftmals selbst genügend Bildung besitzen müssten, um eigene Recherchen anzustellen und eigene Schlussfolgerungen zu ziehen, laufen anderen Menschen nach. Es scheint immer wieder leichter zu sein, eine oder mehrere Personen zu verehren und zu allem: Ja! zu sagen als selbst zu denken. Es schießen Vorbilder hervor, welchen nachgelaufen wird. Es ist egal, was genau diese sagen. Dabei sei zu beachten: Niemand hat immer recht! Zudem sei, wie in der auf Jugendliche ausgerichteten Musikindustrie beachtet, wer eigentlich von diesen Idolen finanziell stark profitiert.

Zurück zu den Jugendlichen: Wie ich bereits oben schrieb, haben selbst Idole, die eigentlich keine Idole, sondern Schwärmereien aufgrund der süßen Grübchen sind, ihre positiven Auswirkungen. Wenn Erwachsene sich Vorbilder suchen, sind sie meist besser in der Lage – und ehrlicher zu sich selbst – zu unterscheiden, wen sie sexuell attraktiv finden und wer für etwas anderes verehrt wird. Viele scheinen aber auch als Erwachsene von einem Aspekt auf die komplette Person zu schlussfolgern. Dieses Verhalten ist gefährlich. Es ist eine Gefahr für die persönliche Entwicklung, die übrigens wirklich ein Leben lang fortgesetzt wird und es ist eine Gefahr für unsere Gesellschaft. Was kommt ihnen in den Kopf, wenn sie eine große Gruppe von Menschen sehen, die alle einer Person nachjubeln und genau das tun, was diese Person sagt?

Ich möchte in einer Welt mit Meinungsvielfalt leben. Ich möchte in einer Welt leben in der jeder selbst denkt und wir Meinungen austauschen. Ich möchte in einer Welt leben in der ich und alle anderen in manchen Aspekten Anerkennung geben und erhalten, aber in anderen Aspekten Kritik geäußert wird. Ich finde eine solche Welt ist wichtig für die Entwicklung eines jeden Einzelnen und der ganzen Weltgemeinschaft.


Maren Zaidan
Bundesvorsitzende der Partei DIE FÖDERALEN
Essen, den 14.08.2020