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Ein Paradigma der Welt

Persönliche Beziehungen und Professionalität

Maren Zaidan, 5. August 2020 21:50 Uhr

Freunde oder nur Kollegen?

Es ist ein großes Thema in allen Formen von Teams, aber auch im privaten Leben eines jeden Einzelnen: Inwiefern sind persönliche Beziehungen untereinander gut oder schlecht? Inwieweit sollte sich wer wem anvertrauen und was passiert, wenn das anvertrauen ein Fehler war?

Viele Menschen haben ein Bild von Professionalität. Dieses Bild ist meist geprägt von einer gewissen Unnahbarkeit und Kälte. Man geht seinen Weg und es ist egal, was ringsherum passiert. Durchhaltevermögen und ein dickes Fell sind gefragt. Wer zu sehr an anderen hängt gilt als schwach, deshalb sollten persönliche Beziehungen nicht eingegangen werden.

Dann sieht man nach Silicon Valley. Einer Welt mit erfolgreichen Unternehmen und kleinen Startups. Wenn man sich die Geschichten der erfolgreichen Startups anschaut, wurden die meisten von ihnen von Freunden gegründet. Sie wurden von Freunden aufgebaut, die so eng befreundet waren, dass es kein Problem darstellte, achtzig Stunden in der Woche zusammenzuarbeiten und die Freizeit auch noch gemeinsam zu verbringen. Von Teams, welche sich spontan für das Ziel eines Unternehmens zusammenschließen, wird in diesem Bereich oft abgeraten, denn man kennt sich nicht.

Persönliche Beziehungen und Vertrauen machen verletzlich. Andererseits weiß jeder über die Schwächen der Anderen Bescheid. Das Team kann sich gegenseitig ergänzen. Man merkt, wann es wem nicht gut geht und wann man zum Telefon greifen sollte oder sich einfach auf einen Kaffee treffen sollte, um zu reden oder zu helfen. Über Verhalten, was einem anderen schaden könnte, wird etwas mehr nachgedacht, denn das Leben des anderen bedeutet einem auch etwas. Aussteigen gilt in der Regel als Verrat an der Beziehung.

Natürlich bedeutet Vertrauen an dieser Stelle, dass man auch darauf vertrauen können muss, dass wenn die gute Beziehung einmal scheitert, eine Zusammenarbeit noch möglich ist oder ein gutes Auseinandergehen mit einem Rest Loyalität geschehen kann. Es besteht die Gefahr, dass das gegenseitig Anvertraute irgendwann genutzt oder verraten wird. Je nach Inhalt kann dies auf verschiedene Weise gefährlich werden.

Wie auf der ganzen Welt gilt, dass man sich natürlich überlegen sollte, mit wem man welche Beziehungen eingeht und wem man auch seine Schwächen mehr verrät als es unbedingt nötig ist. Eine kalte Welt, in der niemand dem anderen vertraut, macht unsere Gesellschaft jedoch nicht besser. Wer das Gefühl hat, dass sich jemand anderes ihm öffnet, wird sich meist selbst mehr öffnen und anvertrauen. Die Gefahr, dass diese Offenheit irgendwann zum Problem wird, besteht dann für beide. Wenn sich mehr Menschen einander vertrauen, bildet sich ein Beziehungsnetzwerk. Es entsteht ein Team, welches sich kennt und vertraut. Es entsteht Zusammenhalt. Genau dieser Zusammenhalt ist notwendig für eine sozial gerechte und freie Gesellschaft.


Maren Zaidan
Bundesvorsitzende der Partei DIE FÖDERALEN
Essen, den 05.08.2020