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Das Ende der Anonymität

Seehofer fordert Personalausweispflicht für Online-Kommunikationsdienste

Maren Zaidan und Stefan Brackmann, 3. März 2021 18:00 Uhr

Das Internet als Möglichkeit anonym zu sein

Die Klarnamenpflicht in sozialen Netzwerken ist der erste Schritt weg von der Anonymität des Internets gewesen. Diese Pflicht gibt es nun schon seit über zehn Jahren und kaum einer hält sich daran, außer man möchte gefunden werden. Doch nun fordert Herr Seehofer, auch nach der klaren Ablehnung eines Identifikationszwangs in den Messengern von der Bundesregierung, eine Personalausweispflicht für E-Mails, Soziale Netzwerke, Messenger und eventuell noch mehr. Die Daten sollen dann in die Vorratsdatenspeicherung eingehen. Des weiteren sollen Krankenhäuser, Hotels und Internetcafs Daten zur Auskunftssuche der Sicherheitsorgange speichern. Internetzugangs- oder Signalübertragungsdienstanbieter sollen verpflichtet werden, im Rahmen von Online-Durchsuchungen und Quellen-TKÜs (Telekommunikationsüberwachung) Auskünfte zu erteilen und Hilfe zu gewähren.

Wie immer wird die Forderung mit Sicherheit begründet. Die Vorteile der Anonymität im Internet geraten in Vergessenheit. Eine Meinungsäußerung ohne die wahre Identität preiszugeben oder eine Hilfesuche ohne sich selbst zu outen wären dann endgültig nicht mehr möglich. Und was ist mit den Fragestellungen, denen man ab und zu im Internet für andere oder einfach aus kurzzeitiger Neugier nachgeht? Wir alle kennen die manchmal bemerkenswerte und manchmal desaströse Arbeitsweise der Algorithmen. Die Sicherheit, Verbrecher besser zu finden nimmt die Sicherheit, dass die eigenen Daten sicher sind. Die neue Forderung spielt den Hackern dieser Welt und den Konzernen zu. Dieser Vorschlag ist ein weiterer Eingriff in unsere Grundrechte. Die Meinungsfreiheit und der Schutz von Minderheiten werden noch weiter eingeschränkt.

DIE FÖDERALEN haben sich dem Schutz des Grundgesetzes, der Demokratie und unserer Grundrechte verpflichtet und stellen sich klar gegen die Forderung von Herrn Seehofer. Unsere Identität ist seit Jahren gläsern genug. Algorithmen zur Mustererkennung sowie eine weitreichende Datenspeicherung ermöglichen dem Staat und den Konzernen bereits genug Eingriffe und Manipulationen unseres Lebens. Anstatt mehr Daten freizugeben, sollte die Regierung lieber für mehr Datensicherheit sorgen. Durch Projekte wie die elektronische Krankenakte oder den Zwang von Diagnosen auf Maskenattesten wird der Datenschutz ad absurdum geführt. Es scheint nicht nur so, es bestätigt sogar die Vermutung, dass das Ziel der aktuellen Regierung genau das Gegenteil von Datenschutz bedeutet.


Maren Zaidan und Stefan Brackmann
Bundesvorsitzende
DIE FÖDERALEN



Quelle: https://netzpolitik.org/2021/tkg-novelle-seehofer-will-personalausweis-pflicht-fuer-e-mail-und-messenger-einfuehren/