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Regeln, Gesetze und andere Ungetüme

Vom Willen etwas zu ändern und den Wegen zur Änderung

Maren Zaidan, 27. Juli 2020 20:36 Uhr

Gesetze kann man nur ändern, wenn man sich selbst an sie hält.

DIE FÖDERALEN versuchen als Partei eine weiße Weste zu behalten. Wir haben vom Tag der ersten Idee bis heute größte Sorgfalt darauf verwendet, juristisch und moralisch sauber zu handeln. Korrektheit wirkt leider manchmal spießig und konservativ, aber sie schützt. Und schon sind wir bei meinem heutigen Thema: Die verschiedenen Wege, etwas zu ändern.

Die heutige Freiheits- und Friedensbewegung ist geprägt von vielen Sorgen und Nöten. Die Menschen sehen die Probleme in unserem Land und auf der ganzen Welt. Sie wollen etwas ändern. Da diese Probleme alle betreffen, ist auch die Diversität der Menschen in der Bewegung unglaublich groß. Man findet alles vom absoluten Träumer bis hin zum rationalsten Menschen überhaupt – natürlich mit allen kleinsten Abstufungen und Mischungen in der Mitte. Ich glaube immer noch fest daran, dass es sowohl die Träumer als auch die Rationalen braucht, um wirklich etwas zu ändern. In den letzten Monaten stieß ich jedoch auf ein Problem dabei. Und dieses Problem kann man nicht mehr Träumereien oder emotionslosen Strategien zuschreiben. Es geht darum, wie man mit Regeln und Gesetzen umgeht.

Sicher kann man und sollte man Regeln, Gesetze und Verordnungen an mancher Stelle überarbeiten. Dafür ist Politik da, dafür demonstrieren Menschen und klären andere in ihrem Umfeld auf. In letzter Zeit wird jedoch manchmal vergessen, wie man dort hingelangt. Es gibt viele schöne Visionen, wie man unsere Gesellschaft und politische Ordnung umstrukturieren kann. Welche davon umsetzbar oder gut sind, wage ich mir an dieser Stelle nicht zu beurteilen. Doch wir müssen einen Weg dahin schaffen. Um etwas ändern zu können, muss man ernst genommen werden und legal anerkannt werden. Uns ist klar, dass man auf diesem Weg nicht alle Träumereien in wenigen Wochen umsetzen kann. Manchmal scheint es auch ein Widerspruch in sich zu sein, die Gesellschaft ändern zu wollen, aber nach ihrer Struktur zu handeln. Doch leider können wir nur diesen Weg nehmen – denn eine Revolution mit Waffen, Verletzten und Toten möchten wir hoffentlich alle nicht. Mich erinnert so manche Vorstellung an eine Verwechslung von Politik mit manch einem Familienmodell. Wenn man nur lang genug quengelt und die Tapete bemalt, bekommt man, was man möchte. Die Welt der Erwachsenen, der Parteien, Bürgerinitiativen, Demos und Vereine sieht leider anders aus. Wer sich nicht an die Regeln hält, geht nicht über Los ins Gefängnis oder wird nicht zur Wahl zugelassen.

Traurig an dem Glauben, Regeln und Gesetze brechen zu dürfen – für das Gute – ist: es gibt wie immer Menschen, die sich das ausdenken und Menschen, die einfach mitlaufen und blind daran glauben. Der Ehrgeiz, selbst zu recherchieren, welche Konsequenzen diese Fehlentscheidungen haben, ist oft nicht da. Wie immer redet man sich damit raus, dass ein anderer sehr kompetent ist, man selbst auch noch Arbeiten muss und und und… Dass die, welche sich die Mühe machen, legale Wege zu gehen, im Grunde dieselben Zeitnöte haben, wird leicht vergessen. Charisma, Ausstrahlung und andere schöne Eigenschaften überzeugen schnell. Man glaubt, weil man glauben will. Egal wie viele Stimmen dagegen sprechen. Die mit viel Selbstwertgefühl reden den Träumern ein, dass man auch Wege gehen kann, die gefährlich sind. Natürlich kann man sie gehen. Am Ende kommt ein tiefer Graben und manch einer kommt nicht rechtzeitig zum Stehen. Manchmal kommt auch eine Wand, vor der man bremsen kann, aber weiter geht es nicht. In beiden Fällen hat man am Ende nichts erreicht oder nur Schaden genommen. Es wächst nicht die Zufriedenheit, man kann nicht stolz auf sich selbst und die Mitkämpfer sein, sondern nur enttäuscht vom Versagen. Auf unangemeldeten Demonstrationen sammelt man Bußgelder. Die gegründeten Vereine, Parteien und Initiativen werden ausgebremst von der Realität.

Wir können etwas ändern. Wir können uns gegen Social Distancing und die neue Normalität stellen. Wir können unsere Rechte, wie auch unsere Freiheiten wahren und schützen. Wir können unser gesellschaftliches Miteinander verbessern. Manchmal müssen wir dafür die langweiligen Wege gehen, um aktiv bleiben zu dürfen. Es fängt für uns alle mit kleinen Nettigkeiten und dem alltäglichen Lächeln auch gegenüber Fremden an und setzt sich fort in legitimen Gründungen und Anmeldungen von allem was etwas ändern kann. Und mit etwas Geschick und Glück schreiben wir dann an den Gesetzen mit. Scheinbar – und auch das ist ein wenig kontrovers – fängt es jedoch oft auch damit an, den anderen zu hinterfragen und den Weg zu gehen, der einen selbst wirklich weder in Gefahr bringt noch ausbremst!


Maren Zaidan
Bundesvorsitzende der Partei DIE FÖDERALEN
Essen, den 27.07.2020