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Fühlst du dich auch so allein?

Oft ist der Feuerteufel Feuerwehrmann Teil3

Maren Zaidan und Stefan Brackmann, 2. Juli 2023 03:00 Uhr

Was, wenn da keine Familie, kein Partner und keine Freunde sind?

Teil 3

Damit sind wir bei den Ursachen. Was hat uns dazu geführt?

Oben wurde bereits die demografische Entwicklung angesprochen. Dieses Phänomen trifft auf alle entwickelten Staaten zu. Leben Menschen in Wohlstand, haben sie weniger Kinder und die Gesellschaft altert. Aber graben wir tiefer. Der Artikel trägt als Untertitel den Vergleich, dass der Feuerteufel oft ein Feuerwehrmann ist, warum?

Seit der Frankfurter Schule und ähnlichen Denkrichtungen wird an einer Aufspaltung der klassischen Familie gearbeitet. Auch wenn die Vertreter dieser Ansicht ihre Argumente vorbringen, geben Familien und Partnerschaften Halt. Es sind Menschen da, wenn alle anderen weg sind. In einer Familie gibt es Menschen derselben Generation, aber auch Menschen anderer Generationen. So kann sich verstanden und auf verschiedene Art unterstützt werden. Als Selbstverständlichkeit. Doch wenn Generationen und Geschlechter gegeneinander aufgebracht werden und auch die Familiären Verbindungen nur noch ihren Zweck erfüllen, geht dieser Halt verloren.

Diese Ansichten werden im Moment auch immer wieder direkter oder indirekter in die Politik eingebracht. Abgesehen von den Verankerungen in unserem Grundgesetz, versuchen einzelne Politiker immer wieder gegen die Familie und die Ehe anzuarbeiten. So wurde in letzter Zeit zum Beispiel die Abschaffung der Ehe oder die Gleichstellung der Ehe mit Freundschaften gefordert. Auch wenn Ehen auseinandergehen können, hat das Versprechen bei einer Eheschließung nicht doch noch einen größeren Wert und Gedanken als das Versprechen beim Eingehen einer Freundschaft? Lösen wir das Problem von einsamen Menschen, wenn wir soziale Strukturen auflösen und die Menschen nicht einmal mehr darüber nachdenken lassen, für jemanden dazubleiben? Wir wollen niemandem vorschreiben, welches Lebensmodell er oder sie zu leben hat, aber bei Betrachtung vieler Freundschaften und Wohngemeinschaften kommen hier Fragen auf.

Mit Fridays for Future wurde vor einigen Jahren eine Trennung zwischen den Generationen gezogen. Wer 2018 um die 30 Jahre richtig alt war, galt plötzlich als alt und Schuld an allem bösen was kommt. Die Generation Z fühlt sich nicht mehr verstanden und grenzt sich lieber ab. Der WDR unterstützte diesen Trend mit Liedtexten in denen die Oma als alte Umweltsau beschimpft wurde.Generationenkonflikte gab es immer. Die Ironie an der Sache ist, dass die Generation Y keinen Krieg gegen die Vorgängergenerationen mehr führte. Gegen was sollte man überhaupt noch ankämpfen? Nun gibt es eine Generation, welche die Bemühungen der Generationen vorher komplett ausblendet. Mit diesen Abwertungen wird es schwer sich vorzustellen, dass das Enkel bei dieser abartigen Oma noch vorbeischaut.

Beide Phänomene werden oft von den Medien unterstützt. Fast täglich gibt es Berichte darüber, wann man eine Freundschaft oder eine Liebesbeziehung beenden sollte. Gleichzeitig gibt es Beiträge über die Freiheit, wenn man sich von diesem und jedem Familienmitglied trennt. Doch wenn man richtig nachdenkt, findet man dann nicht an jeder menschlichen Beziehung und an jedem Menschen abstoßende Seiten und Eigenschaften?

Das letzte schwere Vergehen an den sozialen Kontakten war die Corona-Krise. Kinder und Teenager geben nun weniger Freundschaften an als vorher, fühlen sich einsamer und führen Freundschaften oftmals eher. Generationenübergreifend wird es auch fragwürdig. Wie handeln Kinder und Jugendliche, denen über drei Jahre eingeredet wurde, dass sie eine Lebensgefahr für ihre Großeltern, Eltern und Lehrer darstellen? Wie hat sich diese Erziehung auf die familiären Bindungen außerhalb des Elternhauses ausgewirkt? Alle anderen mussten sich über mehrere Jahre auch am Social Distancing beteiligen. Mit der Konsequenz, dass die Maßnahmen einerseits arge Konflikte und damit Kontaktabbrüche auslösten, aber so manch eine Freundschaft durch das Kontaktverbot und die Hindernisse sich zu sehen auch einfach eingeschlafen ist.

Mit der Corona-Krise kam auch die weite Verbreitung des Home-Office. Diese hat viele Vorteile, doch auch Nachteile. Einige Menschen sind im Home-Office noch isolierter und haben es schwerer Freundschaften und Bekanntschaften zu schließen, da sie aufgrund ihrer Persönlichkeit diese früher im Kollegenkreis vor Ort fanden. Es zeigte sich durch die Krise auch, dass die lockeren sozialen Bindungen in unserem Leben genauso wichtig sind wie die enge, lange Freundschaft. Auf jeden Fall macht beides weniger einsam!

Doch das Jobproblem begann schon vorher. Die Millenials bekamen schon zu Schulzeiten angedroht keinen Job länger als zwei Jahre zu haben. Natürlich fördert das Karrieren und macht zum Beispiel in der Forschung den Wissensaustausch größer. Aber abgesehen vom Unnutzen des Eigenheims, macht es auch soziale Beziehungen schwieriger. Es kann nicht aller zwei Jahre die ganze Familie mitziehen, jeder wechselt nun ständig die Jobs und die Oma wird kaum in der Lage sein mit dem Enkel mitzuziehen oder hunderte Kilometer auf Besuch zu fahren. Und was ist mit den Kindern? Zirkuskinderschule für alle? Wie soll man überhaupt eine feste Beziehung eingehen, wenn beide alle zwei Jahre an einem anderen Ort sind? Finden sich noch Freundschaften von Dauer, wenn man immer an einem anderen Ort ist und immer neue Kollegen hat?

Individualisierung der Gesellschaft - unendlich viele Geschlechter - dabei ist doch jeder bereits einzigartig. Eine weitere Aufteilung führt zu noch mehr Einsamkeit und zwar aus zwei Gründen.

  1. Man wird so individuell, dass man einen Gleichgesinnten kaum noch finden kann.
  2. Diese Individualität wird so hoch gewertet, dass jede Abweichung davon nicht mehr tragfähig erscheint.

Wenn man sich seiner angeborenen Einzigartigkeit bewusst ist, kann man auch selbstbewusster durchs Leben gehen, abweichende Eigenarten oder Ideen akzeptieren lernen und diese bereits vorhandene Diversität nutzen, um gemeinsam an einer gelungenen Gesellschaft mitzuwirken.

Da sie am angewiesensten auf andere sind um qualitativ hochwertige soziale Beziehungen zu führen, kommen wir nochmal zu den Kindern, Jugendlichen und Alten. Bei den Minderjährigen ist noch zusätzlich zu beachten, dass das, was sie erleben, ihr weiteres Leben erheblich prägen wird. In Deutschland wird immer mehr auf Kinderkrippe, -garten und Ganztagsbetreuung auch in der Schule gesetzt. Argumentiert wird dieses Vorgehen mit der besseren kognitiven und sprachlichen Entwicklung der Kinder. Gleichzeitig wissen wir jedoch, dass die emotionale Entwicklung schlechter ist, die Aggressivität zunimmt, die Ungehorsamkeit zunimmt und auch die Kooperationsfähigkeit abgeschwächt wird. Institutionelle Beziehungen sind eher kritisch zu sehen. Diese Einsicht hat man bei Kindern, die nicht in ihrer Herkunftsfamilie (ohne Hilfe von Außen) leben können, aber die Kinder mit mehr oder weniger stabilen Familien, hält man von ihren Eltern, Geschwistern und anderen angehörigen so viel es geht scheinbar fern. An der positiven Seite wird ausgeblendet, dass nicht jede Familie problematisch ist. Kinder aus gebildeten, fürsorglichen Familien würden wahrscheinlich mit der Förderung der Familie besser abschneiden. Auch das kann Auswirkungen auf die Bindung und den späteren Kontakt haben. Der Satz Du hattest auch keine Zeit für mich! könnte sich häufen. Und was ist mit dem alten Modell, die Großeltern passen auf die Kinder auf und die Jungen kümmern sich um die Alten? Führt nicht auch dieses Vorgehen zu mehr Bindung, emotionalen Halt und weniger Einsamkeit?

Im letzten Absatz sprachen wir bereits die Pflege älterer oder kranker Menschen an. Auch hier machen es die heutigen Lebensumstände oft schwer, das Leben dieser Menschen so zu gestalten, dass sie sich in die Familie eingebunden fühlen und eventuell sogar noch Freundschaften pflegen können. Dies liegt an den oben genannten Faktoren, am Wohnungsmarkt und anderen Dingen. Gleichzeitig werden Alters- und Pflegeheime auf eine Art und Weise betrieben, bei der keine Zeit für ein Gespräch mit den Pflegern bleibt. Deutschland lebt im sozialen Bereich vom Ehrenamt, aber ist das fair und genug? Selbst wenn diese Situation besser wäre, ist der Kontakt zur Familie und den alten Bekannten nicht mehr wert?

Wie bereits oben beschrieben, hat sich die soziale Gemeinschaft massiv verändert. Waren früher Dorfgemeinschaften der Mittel- und Treffpunkt - insbesondere bei größeren Veranstaltungen - hat sich das heute auf ein nebulöses und unpersönliches, teilweise sogar anonymes und technikbasiertes Spielfeld verlagert.

Früher begegnete man sich nach dem Dorffest am Wochenende auch in der Woche - meist zufällig - ist das in der heutigen Zeit eher selten der Fall. Eine kurze Umarmung, ein nettes persönliches Wort oder ein gemeinsamer Heimweg kann durch eine Nachricht oder ein Emoji nicht ersetzt werden.

Als weiterer Halt galten die Kirchen lange Zeit. Sie gaben einen festen Rahmen für das Leben. Am Sonntag Gottesdienst, meistens ungefähr eine Stunde, in der gemeinsam gesungen und in Ruhe einer Predigt andächtig zugehört wird. Am Esstisch ein kurzes Gebet und schon ist die Welt gesegnet und in Ordnung. Das ist in der heutigen Zeit immer seltener anzutreffen. Die Aufmerksamkeitsspanne ist auf die Länge eines Atemzuges geschrumpft, alternative Formen wie Meditation und andere Rituale, die meist in Einzelhaft exerziert werden, stellen keinen Ersatz für die sozialen, kulturellen und geistigen Errungenschaften dar, die gerade auf dem Altar der Ich-Findung geopfert werden.

In den nächsten Tagen gibt es bei uns mehr zu dem Thema!
Zum Teil 1
Zum Teil 2


Maren Zaidan und Stefan Brackmann
Die Bundesvorsitzenden
DIE FÖDERALEN