Themen > Corona

Bekenntnis zum Partymuffel sein

Was feiert ihr da?

Maren Zaidan, 20. April 2021 06:00 Uhr

Party! 1 Jahr Widerstand!

Was soll ich als Einstieg nehmen? It’s my party and I’ll cry if I want (Lesley Gore, 1963)? Der Spruch eines Jungen in meinem Grundschulpoesiealbum, bei dem alle Kinder feiern, nur der Junge, der in einen verknallt ist, wütend in der Ecke sitzt? Alles unpassend und doch alles auch eine witzige Anspielung, aber im Moment bin ich der schlecht gelaunte Partygast.

Party? Du dachtest DIE FÖDERALEN hätten sich aus der Widerstandsbewegung gegründet oder? Ja, haben sie, aber wir sind auf dem Weg, die bestgelaunteste und lustigste Widerstandsbewegung aller Zeiten zu werden! Holt eure roten Clownsnasen raus, jetzt wird es lustig!

Am Anfang hatten fast alle Angst Gesicht, oder besser Namen, zu zeigen. Am Anfang hofften wir, dass wir schnell nicht mehr gemeinsam auf der Straße stehen, sondern so schnell wie möglich unsere alte Welt oder eine etwas bessere neue Welt zurück haben und man sich am besten noch ohne gemeinsames Ziel gut versteht. Ja, ich persönlich habe auch über das Gründungsteam der Föderalen nachgedacht, da dieses Team länger zusammenbleiben sollte, als die reine Widerstandsbewegung. DIE FÖDERALEN sind kein reines Protestprojekt, keine reine “Anti-Corona-Maßnahmen-Partei”.

Stand in der Bewegung heute: Ganz viele Streitereien und nicht mehr miteinander reden, aber dafĂĽr gibt es jetzt jede Woche eine andere Geburtstagsfeier. Wir feiern x-mal Spaziergang in Stadt A, y-mal Demo auf Marktplatz B, 1 Jahr Demo in Stadt C oder von Organisation D. Es gibt Aftershow-Parties. Es gibt Autogramme! Fans!

Merkt ihr noch was ihr macht? Ihr habt eure eigenen Promis geschaffen, Ihr kommt nicht mehr vom Bildschirm weg, weil euer Wochenprogramm mit regelmäßigen Videos verschiedener Kanäle vollgestopft ist. Ihr FEIERT GEBURTSTAGSPARTIES. Ich kann es nicht glauben. Bitte feiert. Ich sitze in der Ecke und weine. Ich weine, dass wir so wenig erreicht haben, dass wir immer noch auf den Straßen stehen. Ich fordere jeden auf, mir zu zeigen in welcher Widerstandsbewegung es darum ging berühmt und populär zu werden?

Habt ihr heimlich Angst, dass das alles zuende geht? Könnte dann der Promistatus einiger Menschen verpuffen? Könnte es dann sein, dass Festivalstimmung wieder teuer wird? Habt ihr Angst, dass eure aufgebauten Teams, dann zerfallen oder keinen Sinn mehr erfüllen?

Bitte, erzählt mir nicht, dass diese Veranstaltungen oder Benennungen eine Provokation, Protest oder das Gegenteil von dem sind, was andere sagen. Hier wird etwas verwechselt. Freut euch darüber, wenn ihr Menschen kennengelernt habt, von denen ihr glaubt, dass sie euch auch später noch begleiten werden oder gute Spuren in euch hinterlassen haben. Freut euch, wenn ihr gute, arbeitsfähige Teams gebildet habt. Klopft euch auf die Schulter, über alles was gelungen ist, über jeden Tag an dem ihr durchgehalten habt und trotz Gegenwind weitergemacht habt. Aber bitte hört auf das Bestehen von Widerstandsgruppierungen zu feiern! Jeder Tag an dem wir aufwachen und von uns sagen können, dass wir gegen etwas ankämpfen müssen, sollte eher ein Tag der Trauer sein.

Mein herzliches Beileid zu einem Jahr Widerstand!

Während ihr eure Luftballons aufhängt, trage ich schwarz und trauer um unsere Demokratie, den Föderalismus, unsere Freiheit und unsere altes Sozialleben mit dem Rest der Gesellschaft! Und wenn ich mich wieder gefangen habe, plane ich ganz zurückgezogen und ohne Applaus eine Zukunft, die feiern wert ist.


Maren Zaidan
Bundesvorsitzende
DIE FĂ–DERALEN