Themen > Brackies Ecke

Grundsteuer

Grund zum Ärgern?

Stefan Brackmann, 10. Oktober 2022 09:00 Uhr

Die neue Grundsteuererklärung in Elster

Fangen wir mit einer kurzen Aufklärung an. Die Höhe der Grundsteuer betrug im Jahr 2021 laut Statista 14.570.000.000 Euro. Gemessen an dem gesamten Steueraufkommen sind das ca. 1,75 %. Sie ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Gemeinden, die auch deren Höhe durch individuelle Hebesätze gestalten können. Aufgrund einer veralteten Datenlage kam es zu deutlichen Ungleichbehandlungen vergleichbarer Grundstücke. Das Bundesverfassungsgericht hat daher im Jahr 2018 eine Reform angemahnt.

Ein neues Verfahren musste also her. Doch die Grundlage einer Neubewertung muss erst neu geschaffen werden. Zu unklar sind die vorhandenen Daten von Grundbuchämtern und Finanzbehörden. Sind doch zum Beispiel die Grundbuchdaten erst seit ca. 6 Jahren in digitaler Form flächendeckend verfügbar, eine digitale Aktenführung wurde teilweise erst in diesem Jahr eingeführt.

Um die für eine Neuveranlagung notwendigen, korrekten und aktuellen Daten zu ermitteln, wurde eine breit angelegte Befragung veranlasst. Natürlich digital und online zu nutzen. Als Basis diente die Schnittstelle „ELSTER“, die für die üblichen Steuererklärungen bereits längere Zeit genutzt wird. Ein eigenes Unterprogramm wurde erstellt und erblickte in diesem Jahr das Licht der Welt. Alle vermeintlichen Grundstückseigentümer wurden angeschrieben und gebeten, ihre Daten selbst zu erfassen.

Die Frist, diese Grundsteuererklärung abzugeben, läuft Ende Oktober aus. Doch wie soll diese eingehalten werden, sind doch je nach Medium - erst rund 20 % der Erklärungen abgegeben worden? Was läuft alles schief? Wenn man frech wäre, würde man sich eher die Frage stellen, was richtig läuft. Hier einmal ein paar Dinge, die auffällig erscheinen.

  1. Hier ist wieder ein neues bürokratisches Monster erschaffen worden, ohne Mitwirkung des gesunden Menschenverstandes, sprich Rücksprache mit „Betroffenen“.
  2. Es wird vorausgesetzt, dass jeder mit der elektronischen Form der Erklärung problemlos zurechtkommt. Oder sich einen Steuerberater gönnt.
  3. Die Benutzerführung und die teils verwirrende Amtssprache in den einzelnen Feldern führen zu Fehleingaben, Frust und Kopfschütteln.
  4. Selbst die vorhandenen Erklärvideos sind nur auf Standardfälle anwendbar.
  5. Bei mehreren Eigentümern wird nur der erste im Grundbuch genannte angeschrieben, das führt in manchen Fällen auch zu hochproblematischen Situationen.
  6. Es gibt kein Feld für „Sonderfälle“, die einer besonderen Behandlung bedürfen. (Unklare Eigentümerverhältnisse, schwebende Verfahren durch Scheidung, Erbschaft…)

Selbst versierte und engagierte Eigentümer, die auch bisher bereits ihre Steuererklärung in elektronischer Form abgegeben haben, benötigten für die Abgabe mehrere Stunden, da immer wieder neue Fehlerhinweise erschienen. Kein Feld ist vorausgefüllt, was angesichts der Plattform ELSTER doch problemlos möglich wäre. Einzelne Fehler werden sogar in englischer Sprache ausgegeben.

Und die größte Blamage ist sogar dem Handelsblatt ein Artikel wert. Die Kommunen selbst scheitern an der Abgabe der eigenen Erklärung(en). Sind sie doch zu zahlreich, um in der gegebenen Zeit fertiggestellt zu werden.

Hier stellt sich der Staat selbst ein Bein, wie so oft in der Vergangenheit. Planung und Weitsicht sind nicht die Stärke unserer Verwaltung. Über das allfällige Thema der Digitalisierung unserer Behörden und damit eine Erleichterung für unsere Bürger werden wir noch lange berichten können. Da ist es kein Wunder, wenn wir im internationalen Vergleich immer weiter zurückfallen.

Wozu gibt es seit Jahren eine Art Digitalministerium, welche Fortschritte wurden bisher erzielt? Was macht unser Breitbandausbau, welche Mindeststandards werden garantiert?

Der Fragenkatalog ließe sich beliebig erweitern. Auf Antworten können wir wohl alle nur hoffen


Stefan Brackmann
Bundesvorsitzender
DIE FÖDERALEN



Quellen:
https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/umstrittene-finanzreform-grundsteuer-jetzt-scheitert-der-staat-auch-an-sich-selbst/28711764.html
https://www.cyforwards.de/digitale-verwaltung-deutschland-international-weiter-abgeschlagen/