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Lobby

Wer wandelt denn da

Stefan Brackmann, 25. Juli 2020 20:06 Uhr

Mein heutiges Werk ist wieder einmal der Finanz und Wirtschaft (FuW) zu verdanken. In der Online-Ausgabe erschien gestern ein Artikel namens Annual recorded spending on lobbying in the US by big tech firms. Eine Grafik zeigte die steigende Zahl der Ausgaben für Lobbyarbeit der fünf größten US-Technologiefirmen von 1998 bis 2019. Was zu erwarten war, sind diese gestiegen. Und zwar von rund $ 4 Millionen in 1998 auf über $ 60 Millionen in 2019. Der größte Anstieg fand allerdings erst ab dem Jahre 2011 statt. Das fand ich doch spannend und habe mich dieses Themas einmal angenommen.

Fangen wir mal beim Begriff Lobby als solches an. Zunächst einmal erscheint der Begriff harmlos. Er reiht sich ein in eine Kette von Namen wie: Robbi, Tobbi (nein, das Fliewatüüt passt hier wirklich nicht rein) oder zuletzt Dobby. Dabei geht es aber um etwas ganz anderes.

Lobby ist die im englischen gebräuchliche Bezeichnung für Wandelhalle. Diese befindet sich im Parlamentsgebäude und dient dem Zusammentreffen von Abgeordneten mit Wählern oder Interessengruppen. Eine weitere Definition ist die der Interessengruppe, die versucht, Entscheidungen von Abgeordneten zu beeinflussen. Oha, denke ich, dann schauen wir mal nach, was da so in deutschen Parlamenten wandelt.

Man wird schnell fündig. Der Deutsche Bundestag veröffentlicht seit 1972 eine öffentliche Liste registrierter Lobbyverbände. Die aktuelle Ausgabe vom 24.07.2020 (das ist ja heute!) ist tatsächlich online abrufbar und mittlerweile 865 Seiten stark. Nach Durchsicht dieser Liste brauche ich erst einmal was zum Trinken.

Dort sind mittlerweile sage und schreibe 2263 Verbände gelistet und es ist wie eine Schatzkammer. Dort sind von jedem Verband Adresse, Kontaktdaten, Vorstände und Geschäftsführung gelistet mit Interessenbereichen und Mitgliederzahlen. Es sind so illustre Verbände dabei wie z. B. Verband der Deutschen Tapetenindustrie e.V. oder Der Backzutatenverband e.V.. Wer etwas Wochenendlektüre sucht, hier kann man sich kostengünstig Wissen aneignen.

Es gibt auch Branchenübersichten, so kann man beispielsweise erfahren, dass 16 Verbände aus der Landwirtschaft dort aufgeführt sind, darunter auch der Verband deutscher Hopfenpflanzer e.V.. Es ist wirklich interessant.

Mehr aber auch nicht! Hier wird augenscheinlich Transparenz vorgespielt, ohne aufzuzeigen, wer wann und mit wem dort spricht. Und über welche Themen. Es wird auch nicht vermerkt, wieviel Geld dafür aufgewendet wird wie im obigen Beispiel der amerikanischen Technologiekonzerne. Geld, das letzten Endes der Verbraucher wieder zahlen muss. Und wofür gibt es dann auch noch immer diese Autogipfel, Pharmagipfel oder sonstige Zusammenkünfte? Nur um uns vorzugaukeln, dass dort intensiv an Lösungen gearbeitet wird?

Lesen bildet!


Stefan Brackmann
stellvertretender Bundesgeschäftsführer
DIE FĂ–DERALEN



Quelle: FuW; Deutsches Wörterbuch; Deutscher Bundestag