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Generation Doof im Rückblick

Zwölf Jahre nach der Veröffentlichung des damaligen Kassenschlagers „Generation Doof“ von Stefan Bonner und Anne Weiss kommt hier eine kleine Zwischenbilanz zur „Doofheit“ meiner Generation

Maren Zaidan, 12. Juli 2020 17:31 Uhr

Wer ist die „Generation Doof“?

Wir schreiben das Jahr 2008. Ein Buch mit dem Titel Generation Doof erscheint. Alle reden drüber. Nachdem mein halbes Schulleben davon geprägt war Vergleichsarbeiten zu schreiben, sich anzuhören wie dumm meine Jahrgänge sind und Lehrer zu erleben, die vollkommen überdreht neue Lehrmethoden durchprobieren, war ich etwas genervt von einem Buch, was uns nun den letzten Schuss verpasst. Ja, ich habe es gelesen, aber eigentlich zunächst nur, weil ich gelangweilt im Flughafen saß und durch den Lautsprecher verkündet bekam, dass mein Flieger ein paar Stunden später startet. Erstaunlicherweise wurde ich nach ein paar Zeilen gefesselt von dem Buch und konnte all die Selbstironie an meiner eigenen Generation, dann doch mit Humor sehen. Ja, ich gehöre zu den jüngeren Jahrgängen der Generation Doof und habe mir damals eingebildet einige der beschriebenen Probleme würden den älteren Jahrgängen gelten. Es gab noch Hoffnung für mich! Und ja… auch die Fortsetzung Doof it yourself hat mich damals in den Bann gerufen!

Inzwischen stehen auch meine Jahrgänge im Berufsleben, auch wenn man studiert hat, inzwischen haben meine Jahrgänge, Kinder oder planen sie soweit gewünscht. Inzwischen haben die letzten Jahrgänge der Generation Doof die ersten Erfolge und Misserfolge im echten Erwachsenenleben gefeiert. Und was wurde aus all den Peinlichkeiten?

Wir haben das Internet und unsere geliebten kleinen Gerätschaften weiter verstärkt. Wir können über den Grafiktaschenrechner nur noch lachen, inzwischen kann das unser Smartphone. Endlich geschafft! Unsere Matheschwächen merkt jetzt keiner mehr! Unsere beruflichen Netzwerke nutzen wir nicht mehr um in Wirklichkeit mit Freunden in Kontakt zu bleiben, den wir haben jetzt noch viel mehr soziale Netzwerke, die uns noch mehr dazu anregen sinnlose Dinge für die ganze Welt öffentlich zu machen. Die Kinder der Generation Doof bekommen noch mehr die Möglichkeit als damals Langeweile mit dem Smartphone der Eltern zu kompensieren und auf Fragen antworten aus Wikipedia zu bekommen, die dann auch die Eltern nur noch mehr verwirren. Die Praktikumsschleifen wurden versucht von der Politik zu beenden, doch in Realität leben wir immer noch in einer Berufswelt in der nichts ausreicht und frühere Gutverdiener nicht mehr ganz so gut über die Runden kommen. Die Konflikte zwischen Männern und Frauen haben wir auch nicht gelöst, stattdessen haben wir sie zum Teil verstärkt. Unsere Eigenschaft schnell gelangweilt zu sein und nicht zu wissen was wir tun sollen, kompensieren wir inzwischen mit Hilfe von Streaming Diensten. Viele von uns leben in einer Traumwelt. Einer Traumwelt, die aufgebaut wurde um sagen zu können, dass man das althergebrachte eh nie wollte.

Haben es die Jahrgänge danach besser? Meiner Meinung nach nicht. Das Bildungssystem wurde nicht gerettet. Statt den Unterricht zu verbessern hat man die Abschlüsse erleichtert. Die jugendliche Gesellschaftskritik der Generation doof, die versucht hat sozial zu sein, wurde umgewandelt in Jahrgänge, die zu einem großen Teil sehr oberflächlich und Geld gierig geworden sind und zu einem anderen Teil wiederum verdrängen, dass Wirtschaft und Geld einen Sinn haben. Die Ausbildungsstätten schwärmen inzwischen zum Teil von der Generation Doof. Das Karussell dreht sich weiter.

Die Welt dreht sich immer weiter. Auch heute gilt, wie am Ende des Buches gesagt wurde, dass jede Generation ihre Mittel hat. Man muss nicht alles wissen, man muss nur wissen wo es steht. Meine Generation muss heute noch weniger auswendig können, weil einfach alles mit ein paar Klicks abrufbar ist. Das gibt uns wiederum die Möglichkeit andere Fähigkeiten zu erlangen. Fähigkeiten, die es vor ein paar Jahren oder Jahrzehnten in der Form noch nicht gab. Doch unsere Welt wird nie sicher sein. Wissen ging in der ganzen Menschheitsgeschichte verloren. In einer Zeit von Fake- News und Meinungsverbreitung, die von einzelnen Konzernen gesteuert werden kann, ist es vielleicht umso wichtiger Wissen im Kopf zu haben. Das Internet kann uns verbinden. Wir können Menschen nahe sein, die früher fast aus der Welt gewesen sind. Aber auch meine Generation sollte den Wert echter Nähe nicht aus den Augen verlieren. Mit ein wenig politischem Engagement, einer Prise Selbstständigkeit und etwas Eigeninitiative können wir nicht alle Probleme für unsere und die nachfolgende Generation lösen, aber wir können es besser machen als bisher.


Maren Zaidan
Bundesvorsitzende der Partei DIE FÖDERALEN
Essen, den 12.07.2020